Österreichs Schulen im Fokus – Die zentralen Ergebnisse der OECD-Studie TALIS 2024

Wien – Der neue Bericht zur internationalen OECD-Studie TALIS (Teaching and Learning International Survey) 2024, durchgeführt von den Pädagogischen Hochschulen Steiermark und Kärnten im Auftrag des Bildungsministeriums, zeigt folgendes: Engagiert, aber zunehmend belastet: So lässt sich die Situation von Lehrkräften und Schulleitungen an Österreichs Schulen der Sekundarstufe I zusammenfassen. 

Die Studie, für die Tausende Lehrkräfte und Schulleiter*innen befragt wurden, beleuchtet zentrale Stärken und deckt dringende Handlungsfelder auf.


Die wichtigsten Ergebnisse im Überblick

1. Die Lehrkräfte: Zwischen Anerkennung und Ausstiegsgedanken

Das Lehrpersonal in Österreich wird jünger (Durchschnittsalter 42,4 Jahre) und die gesellschaftliche Anerkennung des Berufs steigt leicht an. Dennoch sind die Belastungen enorm:

  • Hoher Stresslevel: Mehr als die Hälfte der befragten Lehrer*innen gibt an, bei der Arbeit ziemlich oder sehr gestresst zu sein.
  • Alarmierende Ausstiegsrate: 43 % der Lehrpersonen geben an, den Beruf in den nächsten fünf Jahren verlassen zu wollen. Rechnet man die bevorstehenden Pensionierungen hinzu, steigt dieser Wert auf 54 %.
  • Berufseinstieg bleibt Hürde: Obwohl 88 % der Neulehrer*innen eine formale Einführungsphase durchlaufen, hat der Anteil der informellen Einführungen stark zugenommen (von 32 % im Jahr 2018 auf 47 % im Jahr 2024), was auf fehlende strukturierte Unterstützung hindeutet.
  • Hohe Fortbildungsbereitschaft: Mit 98 % nimmt fast das gesamte Lehrpersonal an Fortbildungen teil. Hauptgrund für eine Nicht-Teilnahme ist Zeitmangel.

2. Das Klassenzimmer: Gutes Klima, aber verlorene Lernzeit

Die Lehr- und Lernumgebungen werden von den Beteiligten überwiegend positiv bewertet, doch strukturelle Probleme trüben das Bild.

  • Positives Schulklima: Eine große Mehrheit von 82 % der Lehrkräfte beschreibt das Klima an ihrer Schule als von Kollegialität und gegenseitiger Unterstützung geprägt.
  • Verlorene Unterrichtszeit: Rund ein Viertel der Unterrichtszeit (27 %) geht für administrative Aufgaben und die Aufrechterhaltung der Ordnung in der Klasse verloren. Dieser Wert liegt über dem EU-Durchschnitt (24 %).
  • Herausforderung Vielfalt: Viele Lehrkräfte fühlen sich nur unzureichend auf den Unterricht in Klassen mit großer sprachlicher, kultureller und sozioökonomischer Vielfalt vorbereitet.
  • Problemfeld Mobbing: Obwohl 94 % der Schulen Ansprechpersonen für Mobbing haben, nehmen es 39 % der Lehrkräfte weiterhin als relevantes Problem wahr.

3. Die Schulleitung: Engagiert, aber administrativ überlastet

Schulleiter*innen in Österreich zeigen hohe Berufszufriedenheit, leiden aber unter einer massiven Arbeitsbelastung, die ihre pädagogische Führungsrolle einschränkt.

  • Extreme administrative Last: 71 % der Schulleitungen erledigen täglich administrative Aufgaben. Das sind 29 Prozentpunkte mehr als im EU-Durchschnitt (42 %) und wird als größte Stressquelle genannt.
  • Fehlendes Unterstützungspersonal: Schulleitungen sehen einen erheblichen Mangel an psychosozialem und administrativem Unterstützungspersonal, um den wachsenden Anforderungen gerecht zu werden.

4. Digitalisierung: Infrastruktur top, pädagogische Nutzung flop?

Die digitale Ausstattung der Schulen ist hervorragend, die Integration in den Unterrichtsalltag hinkt jedoch hinterher.

  • Ausstattung vorhanden: Über 90 % der Schulen sind laut ihren Leitungen digital gut ausgestattet.
  • KI bleibt ungenutzt: 61 % der Lehrpersonen geben an, generative Künstliche Intelligenz (KI) nicht zu nutzen (EU: 68 %). Bedenken hinsichtlich Datenschutz und Plagiaten sind groß.
  • Fortbildung als Schlüssel: Der gezielte Einsatz digitaler Werkzeuge zur Individualisierung des Unterrichts findet nur selten statt. Der Bedarf an praxisnahen Fortbildungen zur Stärkung der didaktischen und digitalen Kompetenzen sei notwendig.

Die empfohlenen Maßnahmen auf einen Blick:

  • Entlastung schaffen: Reduzierung der administrativen Last für Schulleitungen und Lehrkräfte durch mehr Unterstützungspersonal.
  • Personal binden: Entwicklung wirksamer Strategien gegen die hohe Fluktuation und den drohenden Lehrkräftemangel, insbesondere durch bessere Unterstützung in der Berufseinstiegsphase und Maßnahmen zur Stressreduktion.
  • Professionalisierung fördern: Ausbau praxisnaher Fortbildungen, insbesondere im Umgang mit Diversität und der didaktisch sinnvollen Integration digitaler Technologien und KI.

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